Dauerhaftes, inklusives und nachhaltiges Wirtschaftswachstum, produktive Vollbeschäftigung und menschenwürdige Arbeit für alle fördern

Bei den internationalen Unterzielen geht es darum, dass die sog. armen Länder Wirtschaftswachstum erzielen können. Dabei ist nicht mehr Wachstum um jeden Preis, sondern ein die Umwelt berücksichtigendes Wachstum gemeint: Es soll eine Entkopplung von Wachstum und Umweltzerstörung erreicht werden. Es sollen moderne und menschenwürdige Arbeitsplätze geschaffen werden. Deshalb gehören beispielsweise dazu: Abschaffung von Zwangsarbeit, Sklaverei und Menschenhandel, Kinderarbeit ein Ende setzen, sichere Arbeitsplätze zur Verfügung stellen sowie bis 2030 eine produktive Vollbeschäftigung für alle Frauen und Männer, junge Menschen und Menschen mit Behinderungen ermöglichen.

Weitere Ziele sind die Förderung eines nachhaltigen Tourismus, die Stärkung lokaler Unternehmen sowie lokaler Finanzinstitute.

In Deutschland geht es um eine sparsame und effiziente Nutzung der Ressourcen, um gute Investitionsbedingungen und darum, die Wirtschaftsleistung umwelt- und sozialverträglich zu steigern und menschenwürdige Arbeit weltweit zu ermöglichen. Weitere Ziele sind, die Staatsfinanzen zu konsolidieren und Generationsgerechtigkeit zu schaffen.

Zwei Aspekte sind zu betonen: Zum einen geht es darum, dass durch die Steigerung des Wirtschaftswachstums die Armut in den Ländern des Südens verringert werden soll. Wer einen guten Arbeitsplatz hat und einen fairen Lohn erhält, kann sich und seine Familie aus der Armut befreien. Dies inkludiert zum anderen die Bedeutung der Menschenrechte. Gute, hochwertige und nachhaltige Arbeit kann man nur unter sicheren und menschenwürdigen Bedingungen leisten. 

Um die Zerstörung der Natur zu beenden und den Klimawandel zu verlangsamen, ist zum anderen das Ziel einer Entkopplung von Wirtschaftswachstum und Umweltverbrauch bzw. Zerstörung von zentraler Bedeutung.

Gesichtspunkte vom Standpunkt der Waldorfpädagogik

Durch den hohen Stellenwert einer ganzheitlichen Bildung, die sowohl persönliche als auch berufliche und akademische Fähigkeiten während der Schulzeit anlegt, werden die Schüler:innen auf das Leben im Allgemeinen und das Berufsleben im Besonderen vorbereitet. 

Ein Grundverständnis wirtschaftlicher Prozesse und Zusammenhänge wird dabei nicht nur theoretisch, sondern auch tätig durch Projekte erfahren. Dazu gehören drei- bis vierwöchige Praktika in den verschiedenen wirtschaftlichen Sektoren. Außerdem gibt es einige Waldorfschulen, in denen man neben einem allgemein anerkannten Schulabschluss parallel eine Lehre absolvieren kann (z. B. Hibernia-Schule, https://www.hiberniaschule.de/).

Ziel der Waldorfschulen ist es, den Schüler:innen in ihrer Schulzeit altersgemäß wirtschaftliche Prozesse verständlich zu machen und auch die Aufgabe zu skizzieren, unsere heutige Wirtschaft zu einer nachhaltigen Wirtschaft zu transformieren. Dabei stehen die Waldorfschulen in der Tradition der sog. Dreigliederungsbewegung, die auf das System Ökonomie umfassend und ganzheitlich blickt. Rudolf Steiner verwendet dafür den Begriff wirtschaftliche Assoziationen: Aufgabe dieser Assoziationen ist es, einen Gesamtblick auf die wirtschaftlichen Prozesse zu werfen und die Produktion von Waren und die Bereitstellung von Dienstleistungen sowie Handel und Konsum so zu organisieren, dass die Prinzipien von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit (Solidarität, Kooperation) für möglichst viele Menschen gewährleistet werden können. Dabei wird das Prinzip der Solidarität im Wirtschaftlichen auch auf unsere Erde mit ihren Ökosystemen und Lebewesen ausgedehnt.

3. Klasse

Behandlung der klassischen Berufe, dabei möglichst viele praktische Tätigkeiten, die mit den Berufen zu tun haben.

Bestellung eines Feldes, Bau eines Hauses etc.

4. KlasseBerufe und Wirtschaftsunternehmen in der Region der Schule im Rahmen der sog. Heimatkundeepoche bzw. regionale Geografie kennenlernen.
5. KlasseWirtschaftsgeografie im Rahmen der Mitteleuropaepoche, Behandlung von typischen Unternehmen einer Region: Wo sind sie gegründet worden? Warum sind sie gegründet worden, wer waren die Gründer? etc.
6. Klasse

Wirtschaftskunde: Verständnis von grundlegenden wirtschaftlichen Vorgängen: Was ist nötig, um ein Produkt herzustellen? Welche Fähigkeiten müssen die Menschen haben, die in den verschiedenen Unternehmen arbeiten? Was muss ein Unternehmer alles bedenken? Wann ist ein Unternehmen profitabel? Welche Verantwortung trägt ein Unternehmen gegenüber den Menschen und der Natur?

Umgang mit Geld, Bedeutung von Kapital, Verständnis für unterschiedliche Geldqualitäten (Konsum, Investition etc.).

8. Klasse

Am Beispiel der industriellen Revolution lassen sich die ungeheure Kreativität und der Erfindungsreichtum der Menschen zeigen. 

Zum anderen vergrößert die entstehende und sich immer weiter entwickelnde Technik jedoch die innere Distanz zur Umgebung und Mitwelt. Die hergestellten Maschinen und künstlichen Stoffe, die der Mensch erzeugt, werden immer mächtiger, sodass er zunehmend in die Lage und Gefahr versetzt wird, sich selbst, andere Lebewesen und sogar die Lebensgrundlagen auf der Erde zu zerstören. Daher wird Umweltschutz im weitesten Sinne zunehmend überlebensnotwendig für uns. 

Forstpraktikum, um das Öko- und Wirtschaftssystem Wald praktisch zu erleben.

9. Klasse

 

 

In der 9. Klasse bietet es sich durch ein mehrwöchiges Landwirtschaftspraktikum an, die Wertschöpfungskette von Lebensmitteln zu erarbeiten und die Bedeutung von Natur, Arbeit, Arbeitsteilung, Kapital und menschlicher Intelligenz herauszuarbeiten. 

Eine zweite Möglichkeit, eine Wertschöpfungskette zu behandeln und dabei von konkreten Erfahrungen der Schüler:innen auszugehen, bietet sich im Handarbeitsunterricht des 9. Schuljahres. Thema ist das Nähen eines selbst entworfenen Kleidungsstücks.

Hier kann folgenden Fragen nachgegangen werden: Woher kommt die Baumwolle? Wie wurde sie angebaut? Unter welchen Bedingungen haben die Arbeiter:innen gearbeitet? Wie werden die Farben hergestellt, mit denen die Stoffe gefärbt wurden? Wie lange wird ein Kleidungsstück verwendet und ist dies angemessen? Welcher Zusammenhang besteht zwischen unserem Konsum in Europa und der Produktion in fernen Ländern?

 

Eine dritte Möglichkeit, auf Wertschöpfungsketten einzugehen, bietet sich im Werkunterricht hinsichtlich des Baustoffes Holz, seiner Herkunft, der Pflege der Wälder etc.

10. Klasse

 

Berufspraktikum in einem Betrieb und damit konkrete Erfahrungen im Wirtschaftsleben. 

11. Klasse

 

 

Nachdem im 9. Schuljahr ein Verständnis von konkreten Wertschöpfungsketten erarbeitet wurde und im 10. Schuljahr ggf. im Rahmen eines Berufspraktikums Grundlagen für das Verstehen von weiteren Produktionsketten gelegt wurden, kann nun die Wirtschaft allgemeiner und gesamtgesellschaftlich erfasst, verstanden und ausdifferenziert werden.

  • Kenntnis von Marktwirtschaft, sozialer Marktwirtschaft, Planwirtschaft
  • Arbeit an einer zukünftigen Wirtschaftsform
  • Die Bedeutung einer assoziativen Wirtschaftsordnung
  • Kenntnis von NGOs und Auseinandersetzung mit der Bedeutung der Zivilgesellschaft
  • Unterscheidung von qualitativem Wachstum versus quantitativem Wachstum
  • Ressourcenarten und die Rolle von Sozialkapital
  • Auseinandersetzung mit Ansätzen der Gemeinwohl-Ökonomie und Postwachstumsökonomie

 

12. Klasse

 

 

Die gegenwärtigen Herausforderungen wie Klimawandel, Umweltzerstörung, Ressourcenverbrauch, Armut, Ungleichheit, Bevölkerungswachstum, Umbau einer neoliberalen zu einer mehr solidarischen Ökonomie sowie das Engagement für Demokratie, Menschenrechte und eine Kultur des Friedens und Miteinanders haben heute eine globale Dimension erreicht. Hier stehen große gesellschaftliche Veränderungen an, die von Persönlichkeiten, Ländern und Institutionen vollzogen werden müssen. Dieser transformatorische Wandel umfasst ökologische und soziale Dimensionen gleichermaßen, und zwar auf der regionalen, nationalen, internationalen und globalen Ebene. Folgende Themen können in diesem Zusammenhang behandelt werden:

 

  • Konsumwende, auf dem Weg zu einem nachhaltigen Konsum
  • industrielle Wende
  • ein gerechteres Finanzsystem
  • Möglichkeiten und Grenzen nachhaltigen Unternehmertums
  • ein gerechterer und ökologischer Welthandel
  • Gemeinwohl, assoziative und distributive Ökonomie
  • Auseinandersetzung mit Menschenbildern und Verhaltenstheorien (Homo oeconomicus u. a.)

 

 

Waldorfschulen stehen in der Tradition der sog. Dreigliederungsbewegung von 1919, deren Ziel es war, die gesellschaftliche Dualität von Wirtschaft und Staat um das Sub-System der Kultur zu erweitern. Die Waldorfschulen sehen Bildung in diesem Zusammenhang als dem kulturellen Subsystem zugehörig und verstehen sich selbst als ein „Unternehmen“ des kulturellen Lebens.

Unternehmertum bedeutet in diesem Zusammenhang auch, dass die Lehrer:innen nicht nur ihren Unterricht leisten, sondern sich als Mitgestaltende ihrer eigenen Schule verstehen und sich aktiv bei der Organisation und Verwaltung sowie der Weiterentwicklung ihrer Institution Schule beteiligen (Selbstverwaltung). 

Insofern besteht unter den Lehrer:innen ein recht großes Verständnis für wirtschaftliches Denken und Handeln und ein verantwortlicher Umgang mit den zur Verfügung stehenden Ressourcen.

Da die Lehrer:innen auch Mitgestaltende ihrer Schule sind, entfällt teilweise auch der Gegensatz zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber und die Schulen bieten einen Arbeitsplatz an, der eine demokratische und dialogische Mitgestaltung wünscht und fördert.

Die deutschen Waldorf- und Rudolf-Steiner-Schulen haben sich zum Bund der Freien Waldorfschulen zusammengeschlossen, außerdem arbeiten sie auf regionaler Ebene zusammen. Die Schulen gehen außerdem oftmals Kooperationen mit den Unternehmen ein, in denen die Schüler:innen ihre Praktika machen.