Landökosysteme schützen, wiederherstellen und ihre nachhaltige Nutzung fördern, Wälder nachhaltig bewirtschaften, Wüstenbildung bekämpfen, Bodendegradation beenden und umkehren und dem Verlust der biologischen Vielfalt ein Ende setzen
- Ökosysteme erhalten und schützen
- UN-Biodiversitätskonferenz 2022: bis 2030 mindestens 30 % der weltweiten Landflächen unter Schutz stellen
- Entwaldung beenden, Wälder wiederherstellen und nachhaltig bewirtschaften
- Wüstenbildung bekämpfen, bodendegradationsneutrale Welt anstreben
- Erhaltung der Bergökosysteme sicherstellen
- Maßnahmen gegen die Verschlechterung der Lebensräume und den Verlust biologischer Vielfalt, bedrohte Arten schützen, Wilderei beenden
- Ökosystem- und Biodiversitätswerte in sozio-ökonomische Prozesse einbeziehen
- Arten erhalten – Lebensräume schützen
- Ökosysteme schützen, Ökosystemleistungen erhalten und Lebensräume bewahren
- Weltweit Entwaldung vermeiden und Böden schützen
Zahlreiche Tiere und Pflanzen sind in ihrer Existenz bedroht, ihre Lebensräume schwinden, Arten sterben aus. Auch Insekten, die für viele Vögel und Kleinlebewesen eine wichtige Nahrungsquelle darstellen und Wild- sowie Kulturpflanzen bestäuben, nehmen seit mehreren Jahrzehnten im großen Maße ab – mit verheerenden Folgen für die weitere Tierwelt. Die Gründe für den derzeitigen Artenschwund liegen insbesondere in der von uns Menschen herbeigeführten Umweltverschmutzung, einem hohen Naturverbrauch, intensiver Agrarwirtschaft und Wildjagd – und nicht zuletzt dem Klimawandel, den wir durch den Ausstoß von Treibhausgasen auslösen.
Waldorfschulen schauen angesichts des gegenwärtigen Artensterbens und der daraus resultierenden (Selbst-)Gefährdung der Menschen nicht weg. Sie streben an, ein konviviales Zusammenleben von Menschen in ihren Naturlebensräumen erlebbar zu machen: Als Pädagogik des intuitiven Sich-in-Beziehung-Setzens können Räume eröffnet werden, in denen erlebbar wird, dass sich die Lebewesen auf der Erde gegenseitig bedingen, dass Umwelt Mitwelt und mehr als Ökosystemleistung ist. Und in denen selbstbestimmte Handlungsspielräume für Wandel eröffnet werden.
In der Unterstufe haben die Kinder Gelegenheit, sich mit ihrer Mitwelt, mit Lebensräumen und Lebewesen der Erde mit Körper, Seele und Geist zu verbinden und daran zu wachsen. Dies geschieht sowohl in eigenen Naturerlebnissen, im Hören von Geschichten, Mythen und Märchen und in kreativem Ausdruck, etwa beim Malen. Die Klassenlehrer:innen orientieren sich respektvoll und möglichst naturgetreu am Wesenshaften der Lebewesen und ihren natürlichen Umgebungen.
In der Mittelstufe können die Schüler:innen in Klassenfahrten selbst in Landschaften eintauchen, sich als Teil von ihnen erleben und hierbei Unterstützung für die in dieser Lebensphase anstehenden Entwicklungsaufgaben finden. Manche Waldorfschüler:innen wandern oder radeln in ihrer Abschlussfahrt in der 8. Klasse in den Alpen oder Mittelgebirgsregionen.
Im mehrwöchigen Landwirtschaftspraktikum in der 9. oder 10. Klasse der Oberstufe züchten die Jugendlichen dann in biologisch bzw. biologisch-dynamischen Betrieben Pflanzen, ernten Früchte, Gemüse und Getreide und pflegen Weidetiere. Dabei lernen sie, Jahreszeitenverläufe zu verstehen und zu berücksichtigen. So können sie in ihrer Adoleszenz sowohl Selbstvertrauen durch Tätigsein als auch Verbundenheit zum Leben der Erde entwickeln.
An einigen Waldorfschulen erleben Schüler:innen in der 11. Klasse mit dem Ökologie-Astronomie-Praktikum hautnah naturgemäße Zusammenhänge, die über das rein kausale Denken hinausgehen. Sie erleben, wie die Organismen in ihren Landschaften zusammen mit den äußeren Faktoren der Gestirne zusammenwirken und im Verhältnis zueinanderstehen. Gute Bedingungen, um in der 12. Klasse die sozial-ökologischen Fragen der Zeit stellen und untersuchen zu können.
Viele junge Menschen berührt, dass es Tieren und Pflanzen nicht gut geht. Sie wissen auch, dass es ihre Aussicht auf eine lebenswerte Zukunft beeinflusst. In einer Pädagogik, bei der auch individuelles Empfinden und Beziehungen untereinander eine Rolle spielen, können Orte geschaffen werden, an denen Gefühle zu Klimawandel und Artenkrise benannt und angenommen werden können. Gemeinsam mit Kindern und Jugendlichen werden so Möglichkeitsräume eröffnet, die hoffnungsvolle Motive geben. Tierkundeepochen, in denen Kinder etwa Lebensräume der bedrohten Wildbienen und Feldhamster kennenlernen, können sich zu Artenschutzprojekten entwickeln und die Motive Selbstermächtigung, Gestaltungswille und Zuversicht aufweisen. Selbstwirksamkeit kann erlebt und die Fähigkeit zur Mitgestaltung erfahren werden. In der Mittel- und insbesondere der Oberstufe sind Pädagog:innen dabei, Möglichkeiten für Jugendliche zu schaffen, in denen sie sich gemäß ihrer Stärken und Neigungen autonom und in Erfahrung eigener Kompetenzen für Wandel in ihrem Sinne einbringen können.
1. und 2. Klasse | In der ersten und zweiten Klasse kann das anteilnehmende Verbinden mit Mitwelt sowohl in eigenen Naturerlebnissen, gemeinsamen Pflanzenbetrachtungen, im Hören von Geschichten, Mythen, Märchen und Legenden und in kreativem Ausdruck geschehen. Schrittweise kann bewusst Verantwortung übergeben werden. Bereits hier kann gemeinsam etwas auch für Tiere und Pflanzen getan werden. Manche Klassen haben in der 2. Klasse eine Bienenepoche. |
3. Klasse | In der Ackerbau-Epoche bestellen die Kinder ein Feld selbst mit Pflug und Egge. Sie sähen ein. Wenn es soweit ist, erntet die Klasse, drischt, mahlt, backt und kostet gemeinsam das eigene Brot. Natur und Mitwelt sind zudem die lebensnahe Ausgangslage für Rechnen und Geometrie, Deutsch, Sachkunde und die Geschichts-Epochen. |
4. Klasse | Ab der vierten Klasse finden im Hauptunterricht dann die Menschen-, Tier- und Pflanzenkundeepochen statt. Hier werden Tiere von Feldmaus über Mauerbiene bis zur Giraffe in ihren Lebensräumen kennengelernt und gefragt: Was verbindet uns? |
5. und 6. Klasse | Ab der fünften bzw. sechsten Klasse beginnt das Fach Gartenbau, das Raum für Natur- und Selbsterfahrungserlebnisse und das Aufbauen eigener gärtnerischer Fähigkeiten bietet. |
9. und 10. Klasse | In der neunten/zehnten Klasse bringen sich die jungen Menschen im Landwirtschaftspraktikum ein. So können sie durch körperliche Arbeit Kraft, Ausdauer sowie Flexibilität und in der Folge Selbstwirksamkeit ein Gespür für die eigene Lebendigkeit und die Bedingungen unserer Ernährung bekommen. Indem sie ihre Beziehungsfähigkeit auf Tiere und Pflanzen erweitern, können sie sich zudem anderen Wesen tätig mit Interesse zuwenden, Verantwortung für sie übernehmen und somit das Wohl anderer Wesen beachten. |
10. Klasse | In der zehnten Klasse wird den Lebensprozessen der Erde besondere Beachtung geschenkt. Neben geografischen Grundlagen von Gesellschaften und deren kulturellen Entwicklungen und verschiedenen Idealen können Jugendliche sich mit den Lebensbedingungen für die Artenvielfalt und damit auch mit den Gründen des Artensterbens sowie Möglichkeiten für dessen Abmilderung und ggf. Umkehr beschäftigen. |
11. Klasse | Das Verständnis für wirtschaftliche Prozesse samt ihrer Folgen für Mensch und Natur führt in der elften Klasse zur entscheidenden „sozial-ökologischen Frage“: Wie wollen und können wir Menschen auf dieser Erde miteinander und mit der Natur leben? Ein Sozialpraktikum und ein Kennenlernen der Gemeinwohlökonomie können das Interesse und Bewusstsein der Heranwachsenden für das Zusammenwirken von Individuum, Gesellschaften und Mitwelt fördern. Ein Ökologiepraktikum hat sich an vielen Waldorfschulen etabliert und bietet in dieser Klassenstufe einen wissenschaftlichen Zugang zu dem vorliegenden Ökosystem |
12. Klasse | In der zwölften Klasse sollen Schüler:innen nun vollends das Zusammenwirken der verschiedenen Teilbereiche von Gesellschaft, von Menschen und Natur, von Individuen und Gesellschaften überblicken können. Ein großer Schritt zu resilientem, selbstbestimmtem und hoffnungsvollem Bewältigen des Hier und Jetzt ist dann geschafft, wenn es gelingt, den Schüler:innen Raum zur Mitgestaltung von Themen zu geben, die ihnen am Herzen liegen. In diesen Ermöglichungsfreiräumen kann auch der Schutz der Mitwelt in Projekten bewusst selbst in die Hand genommen werden. |
Waldorfschulen als Orte eines sozial-ökologischen Miteinanders
Waldorfschulen versuchen, Teil der Mitverantwortung für das Leben der Erde, zum Erhalt der Lebensgrundlagen zu übernehmen, um die Gestaltungswege künftiger Generationen zu bewahren. Es wird je nach Lage der Schule angestrebt, ein konviviales Zusammenleben von Menschen und ihren Naturlebensräumen erlebbar zu machen. Vom biologischen und fair produzierten Essen in den Schulküchen über die gemeinsame Gartenbauarbeit bis zum biologisch-dynamischen Landwirtschaftspraktikum leben und unterrichten Waldorfschulen hiernach und vernetzen sich in die lokale Umgebung.
Darüber hinaus bilden sich durch pädagogische Plattformen wie zukunftmachen.org, Initiativen wie Lern.Ort.Zukunft (Freie Waldorfschule Kreuzberg) und facherübergreifende Projektunterrichte zu Herausforderungen der Zeit (etwa in der 12. Klasse der Waldorfschule Mainz) neue Möglichkeitsräume, in denen Leben an Land und zu Wasser geschützt und erhalten werden kann.
Ein historisch gewachsener Partner der Waldorfpädagogik ist die Demeter-Landwirtschaft. Sie sorgt für gesunde Lebensmittel für Erde und Mensch, setzt auf möglichst geschlossene Stoffkreisläufe und wesensgemäße Tierhaltung und verzichtet dabei auf den Einsatz von Bodengiften. Zusammen mit dem UNESCO-prämierten Netzwerk Biodynamische Bildung zeigt sie, dass sich so gut wirtschaften lässt. Auf Demeter-Höfen lernen Schüler:innen (etwa im Landwirtschaftspraktikum) und Erwachsene darüber hinaus beispielsweise die unglaubliche Vielfalt allein der Tomatenpflanze (über 200 Sorten) kennen und wie man sich einsetzen kann für den Erhalt der genetischen Vielfalt, auch, um für Extremwetter besser gerüstet zu sein.
Aus einem Projekt des Bundes der Freien Waldorfschulen ist der nun eigenständige CO2ero e.V.erwachsen. Es begleitet Bildungseinrichtungen auf dem Weg zu mehr Klimaschutz – mit Angeboten für die ganze Schulgemeinschaft.